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Kultur- und Nachbarschaftszentrum

Jeder, der auf der Karl-Marx-Allee mit dem Auto unterwegs ist, hat es eilig, egal wann, egal in welche Richtung. Niemand freut sich über gesperrte Straßen und Polizei. Schon gar nicht an einem Sonnabend, wie am letzten, dem 17.12. um ca.19.00 Uhr. Alle wollen nach Hause, um einen gemütlichen Abend zu verbringen und dann das: Eine Demo! Die Warschauer Straße ist gesperrt, die Kreuzung am Frankfurter Tor auch. Ausweichen über die Pettenkofer geht natürlich auch nicht, das hätte man sich ja denken können. Also sitzt man im Auto gefangen und wartet.
Bauwagen, LKWs fahren vorbei. Es ist dunkel, man kann nichts erkennen. Dann reicht uns eine junge Frau ein Flugblatt ins Auto.

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Auf dem steht:

... HIER EINE KLEINE ERKLÄRUNG
Was ist ein Bauwagenplatz?
Ein Wagenplatz, auch Wagenburg genannt, ist ein Zusammenschluss von Menschen, die in ausgebauten, eingerichteten Bauwagen, LKWs oder anderen Fahrzeugen leben. Hier leben Leute rücksichtsvoll und gemeinschaftlich zusammen. Im Einrichten und Ausbauen der Wagen beweisen die Bewohner oft ein riesiges Maß an Kreativität und erfüllen sich ihre eigenen individuellen Träume von Wohnen und Leben, da sie auf kleinstem Raum eine ausgeklügelte Wohnfläche erschaffen, die ihnen oft den gleichen Lebenskomfort bieten kann wie eine „normale" Wohnung.

WARUM WOHNEN DIE NICHT IN NORMALEN WOHNUNGEN; SO WIE ANDERE AUCH?
Viele wünschen sich Mobilität und Freiheit, die Welt bereisen zu können und sein Zuhause dabei zu haben oder entscheiden sich gegen eine große Wohnung und für die Faszination, im Bauwagen zu leben. Andere hingegen sind wahre Spezialisten und lieben die Tüftelei an und um den Ausbau, wieder andere haben schlicht und ergreifend nicht das Geld, sich eine Wohnung zu leisten und sehen darin eine gute Alternative. Entgegen aller Vorurteile verzichten sie dabei nicht auf Körperhygiene, fließend Wasser, Abwasserentsorgung, Toiletten, Kindererziehung und Strom!

WAS IST DAS PROBLEM?
Für manch einen mag das überraschend sein aber: auch Bauwagenplatz-Bewohner zahlen Miete! Allerdings sind die Mietverhältnisse - im Gegensatz zum Wohnungsmietrecht - rechtlich nicht geschützt, können fristlos und spontan gekündigt werden, ohne Rücksicht auf bestehende Lebensstrukturen.
So wie auch hier im Fall Rummelplatz (dem im November gekündigt wurde). Oft kommt es dann zu ständigen Platzwechseln, Umzügen und Zwischennutzungen von momentan leerstehenden und minderwertigen Grundstücken mit belastetem Grundwasser, unter S-Bahnbrücken, außerhalb jeder Verkehrsanbindung oder sonst lebenswidrigen Umständen.
Wir suchen nicht nur einen dauerhaft bewohnbaren/mietbaren Platz zum Leben (so wie jeder Mensch), sondern auch ein ernsthaftes Gespräch mit der Stadt, eine sozial-politische Lösung ohne die Aussicht auf die nächste Räumung und eine scheinsolidarische Ruhigstellung unserer Belange.

Wir lassen uns nicht mehr als visuellen und kulturellen Schandfleck diskreditieren,
auch wir haben ein Recht auf Stadt! ...

... Aha, so ist das also. Das klingt ja alles ganz sympathisch. Da leben also Menschen wie Sie und ich auf einem Wagenplatz. Wo kommen bloß die ganzen Vorurteile her?
Da hat diese Demo ja was gebracht, finde ich.
Der „Rummelplatz" ist in die Friedenstraße gezogen. Der junge Mann, den ich dort treffe, ist freundlich und sagt, sie haben einen Mietvertrag für ein halbes Jahr. Alles Gute wünsche ich ihm und seinen Nachbarn.